Ein Sack, schönste Momente und grösste Verzweiflung

Advent 2025

Der «Macpac» ist Redaktor Marius Schären ans Herz gewachsen über all die Jahrzehnte. Mit ihm hat er schönste Skitouren erlebt. Und einen Tag, an dem er fast seinen Vater verlor.

Wie viele Jahre er auf dem Buckel hat, weiss ich nicht genau. Aber ich weiss genau, dass ich ihn seit vielen Jahren auf dem Buckel habe.

Wobei mein Buckel mit etwas über 50 Jahren zum Glück noch nicht enorm ausgeprägt ist. Vielleicht eben auch, weil ich gerne mit einem Rucksack unterwegs bin. Und ganz besonders mit diesem, meinem Macpac. 

Wohl irgendwann zwischen 15 und 20 dürfte ich ihn neu gekauft haben. Angepriesen war das neuseeländische Produkt speziell wegen des Materials: Es ist ein Baumwollgewebe – und nicht eines aus Kunstfaser, wie die meisten anderen Rucksäcke, auch schon damals. Sympathisch fand ich zudem seine schlichte Form. 

Doch plötzlich rutschte mein Vater aus. Und er rutschte, langsam, immer weiter, schaffte es irgendwie einfach nicht zu stoppen.

Ganz grundsätzlich liebe ich Gebrauchsdinge, die lange halten. (Wer meine Kleider sieht, kann mitunter die Nachteile dieser Haltung erkennen.) So hat mich der Macpac vor allem auf Skitouren begleitet, in vielen fantastisch schönen Momenten des Lebens.

Und in mindestens einem höchst emotionalen. Mit meinem Vater war ich unterwegs in Richtung Gärstenlücke im Grimselgebiet. Noch ganz am Anfang, auf dem harten Frühlingsschnee, der Hang erst wenig steil. Ein Moment, wie wir schon zig erlebt hatten. 

Doch plötzlich rutschte mein Vater aus.

Und er rutschte, langsam, immer weiter, schaffte es irgendwie einfach nicht zu stoppen. Ich konnte nichts als zuschauen. Und dann verschwand er. 

Er war über eine kleine Felswand in eine Runse gestürzt. Ich sah ihn nicht mehr, hörte nichts. Musste wieder zur Strasse hinunter, um von unten in der Runse hochzusteigen. Eine unglaublich quälende, schreckliche Zeit höchster Verzweiflung. 

Bis ich ihn endlich fand. Er lebte, konnte reden, hatte aber grausame Schmerzen. Bis die Rega kam, lag sein Kopf auf meinem Rucksack. Mein Vater kam mit einem Halswirbelbruch davon.

Das Blut am Rucksack ist längstens einfach verschwunden – geputzt habe ich ihn ganz bewusst nie.

Skitouren mache ich immer noch, selten mal. Aber zur Gärstenlücke bin ich bis jetzt nicht mehr aufgebrochen.

Adventskalender 2025: Unsere liebsten Dinge

Wir alle haben das wohl: Dinge mit Geschichte und Geschichten. 

Gegenstände, die einem ganz persönlich wichtig und wertvoll sind, auch ohne materiellen Wert. Und zu denen wir lustige, spannende, herzerwärmende, nachdenklich stimmende Geschichten erzählen können.

Solche Lieblinge präsentiert die Redaktion von «reformiert.» in diesem Dezember. Jeden Tag bis Heiligabend finden Sie die Beiträge hier auf der Website und auf Instagram.

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